Diabetes

Zucker und die globale Diabetespandemie

Dem Internationalen Diabetesverband (International Diabetes Federation, IDF) zufolge gibt es aktuell 366 Millionen Opfer der globalen Diabetespandemie. Das entspricht einer Verbreitungsrate von 5,5 Prozent der Weltbevölkerung. Dies sprengt weltweit das Gesundheitswesen. Es wäre einfach, der Fastfoodindustrie die Schuld zuzuschieben, die nach wie vor überall auf der Erde Filialen eröffnet; doch in vielen Ländern, in denen die Bevölkerung nicht zügellos bei McDonald’s schlemmt, ist ebenfalls ein Anstieg der Adipositas- und Diabetesfälle zu verzeichnen. Was hat sich bei der Nahrung weltweit verändert?

Sanjay Basu, ein Wissenschaftler an der University of California in San Francisco, versuchte, eine Antwort auf diese Frage zu finden, indem er die Daten der weltweiten Nahrungsversorgung analysierte. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization, FAO) beobachtet das Lebensmittelangebot auf der ganzen Erde. Sie überwacht die entsprechenden Daten und ordnet sie nach der jeweiligen Nahrungsmittelart. Wir verknüpften die Datenbasis der FAO mit den Verbreitungszahlen des IDF und den Angaben der Weltbank zum Bruttonationaleinkommen (um den Zusammenhang mit Armut prüfen zu können). Für 154 Länder auf der ganzen Welt erstellten wir von 2000 bis 2010 eine epidemiologische Analyse. Wir stellten zwei Fragen: Steht die gestiegene Kalorienzufuhr pro Kopf in einem Zusammenhang mit dem Anstieg der Diabeteshäufigkeit? Und falls ja, gibt es irgendeinen Ernährungsaspekt, der diesen Zusammenhang erklären kann? Im untersuchten Zeitraum stieg die Diabeteshäufigkeit weltweit von 5,5 Prozent auf 7 Prozent an.

Überraschenderweise gab es keine Korrelation zwischen der Gesamtkalorienmenge und der weltweiten Diabetesprävalenz. Allerdings war der Zusammenhang zwischen dem prozentualen Kalorienanteil aus Zucker und zuckerhaltigen Pflanzen überwältigend. Für jeweils 100 kcal aus Zucker stieg die Diabeteshäufigkeit um 0,9 Prozentpunkte an, selbst nach einer Adipositasbereinigung in jedem Land. Das Ausmaß der Verfügbarkeit von Zucker erklärt mehr als ein Viertel des weltweiten Anstiegs der Diabeteshäufigkeit im vergangenen Jahrzehnt, selbst nach einer Alters- und Adipositasbereinigung der Bevölkerung. Und in jenen wenigen Ländern, in denen der Konsum zurückging, sank auch die Diabeteshäufigkeit um 0,18 Prozentpunkte. Das ist keine Korrelation, das ist eine Kausalität. Falls Sie noch einen Restzweifel hinsichtlich des Satzes »Nicht alle Kalorien sind gleich« gehabt haben, sollte diese Analyse ihn ausgeräumt haben. Jeweils 150 zusätzliche Gesamtkalorien pro Person und Tag ließen die Diabeteshäufigkeit um 0,12 Prozentpunkte ansteigen. Wenn diese 150 kcal aus einer Dose Limo stammten, stieg die Diabetesprävalenz siebenmal so stark, und zwar um 0,87 Prozentpunkte. Zucker ist gefährlicher als seine Kalorien. Zucker ist ein Giftstoff. Schlicht und einfach. Bei dieser Art von Analysen gibt es klare Grenzen.

1. Die Nahrungsmittelversorgung ist nicht automatisch mit dem Verzehr gleichzusetzen. Aber in den meisten Teilen der Welt sind beide eng miteinander verbunden. Doch allein in den Vereinigten Staaten werfen wir eine beträchtliche Menge an Lebensmitteln weg (bis zu 30 Prozent dessen, was wir produzieren). In Deutschland werden jährlich etwa 18,4 Millionen Tonnen Nahrung weggeworfen.

2. Bevölkerungen sind vielfältig hinsichtlich ihres sozioökonomischen Status, aber auch hinsichtlich ihrer Anfälligkeit für Krankheiten und ihrer Nahrungsmittelvorlieben. Was man über eine Gesamtbevölkerung feststellt, lässt sich deshalb möglicherweise nicht unmittelbar auf einzelne Personen übertragen.

3. Die Diabeteshäufigkeit zu schätzen, ist immer schwierig. In verschiedenen Ländern gibt es unterschiedliche Diagnosekriterien, bei vielen Menschen bleibt die Krankheit unerkannt, und der IDF fasst Menschen mit Diabetes von Typ 1 und Typ 2 zusammen. Dennoch ist die Eindeutigkeit des Effekts unbestreitbar. Die globale Ernährung mit industriell verarbeiteten Lebensmitteln, die voller Zucker stecken, wirkt sich eindeutig negativ auf die Stoffwechselgesundheit ganzer Länder aus. Unabhängig von Adipositas.

Die Fruktoseepidemie

Können sowohl die fettarme als auch die kohlenhydratarme Ernährungsweise richtig sein? Oder beide falsch? Wo sind die Gemeinsamkeiten zwischen der Atkins-Diät (Eiweiß und Fett), der Ornish-Diät (Gemüse und Vollkorn) und der traditionellen japanischen Ernährung (Kohlenhydrate und Eiweiß)? Auf den ersten Blick scheinen sie einander zu widersprechen. Doch sie alle stimmen in einer Hinsicht überein: Sie reduzieren den Zucker. Jede erfolgreiche Diät der Geschichte hat den Zuckerverzehr eingeschränkt.

Zucker ist ausnahmslos der erfolgreichste Lebensmittelzusatz, den wir Menschen kennen. Wenn die Nahrungsmittelindustrie ihn zusetzt, damit ein Produkt besser schmeckt, kaufen wir mehr davon. Und da er preiswert ist, enthält heute praktisch jedes industriell verarbeitete Lebensmittel der Welt irgendeine Art von Zucker. Zucker – insbesondere Fruktose – ist der Bösewicht dieser Geschichte. Ernährungswissenschaftler ordnen Zucker ebenso wie Kalorien aus Stärke als »leere Kalorien« ein. Doch Zucker hat eine besondere Sprengkraft. Zucker (Saccharose) besteht zur Hälfte aus Glukose und zur anderen Hälfte aus Fruktose. Die Fruktose sorgt für die Süße – und letztendlich ist sie das Molekül, das wir suchen. Obwohl es also den Anschein hat, als wäre Zucker ein Kohlenhydrat, ist es in Wirklichkeit sowohl ein Fett (denn so wird Fruktose in der Leber verstoffwechselt) als auch ein Kohlenhydrat (denn so wird Glukose verstoffwechselt). Beide Stoffwechselwege sind gefordert – deshalb ist Zucker das eigentliche Dilemma der Allesfresser.

Wenn Sie Hunger und keine Energie mehr haben, kann der Verzehr von Zucker die Glykogenspeicher Ihrer Leber schneller auffüllen, und das kann gut sein. American-Football-Spieler können nach drei Stunden auf dem Spielfeld also so viele isotonische Getränke zu sich nehmen, wie sie wollen. Doch die allermeisten Menschen leiden keinen Hunger und haben auch keinen Energiemangel. (Es gibt heute 30 Prozent mehr fettleibige als unterernährte Menschen auf unserem Planeten.) Unser Körper hat sich an unsere aktuelle Zuckerflut nicht angepasst und tötet uns … langsam.

Insgesamt nehmen US-Amerikaner heute 185 Gramm Zucker pro Tag zu sich – das macht 59 Kilo pro Jahr. Unser aktueller Fruktosekonsum hat sich in den letzten 100 Jahren verfünffacht und innerhalb der vergangenen 30 Jahre verdoppelt. Eine neue Untersuchung der US-amerikanischen Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention (Centers for Disease Control and Prevention, CDC) schätzt, dass 50 Prozent der Amerikaner täglich eine Dose gezuckerte Limonade trinken, und 5 Prozent der Amerikaner sogar vier oder mehr. Mit anderen Worten: Wir essen nicht nur mehr Zucker – sondern wir haben auch den prozentualen Anteil erhöht, den Zucker an unserer täglichen Kalorienzufuhr hat. Die unausweichliche Realität ist, dass 20 bis 25 Prozent aller aufgenommenen Kalorien aus einer Form von Zucker stammen – das sind 22 Teelöffel pro Tag. Einige Jugendliche beziehen sogar 40 Prozent ihrer Kalorien aus Zucker. Das kann nicht gut sein.

Okay, Amerika ist also in Süßem getränkt und mit Zuckerguss überzogen. Doch ist das in anderen Ländern auch der Fall? Nun, der weltweite Zuckerkonsum hat sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht, während die Bevölkerung sich nur verdoppelt hat. Das bedeutet, dass unser Zuckerverzehr pro Kopf um 50 Prozent zugenommen hat – im gleichen Ausmaß wie diese Pandemie. Die Obergrenze von 200 kcal pro Tag aus Zucker, welche die US-amerikanische Herzvereinigung (AHA) in ihrer wissenschaftlichen Stellungnahme zur optimalen Gesundheit der Herzkranzgefäße statuiert, wird in fast jedem Land auf der Erde überschritten. Das ist ein massiver Anstieg gegenüber der Situation vor nur 30 Jahren, als die meisten Länder wenig Zucker verbrauchten.

Die Medien und Konsumentenverbände haben eine Verleumdungskampagne gestartet und verteufeln Glukosesirup (auch als Glukosesirup, Glukose-Fruktose- Sirup oder Fruktose-Glukose-Sirup bezeichnet) aufgrund seiner synthetischen Herkunft und der vermuteten Auswirkungen auf die Adipositasepidemie. Infolgedessen ist dessen Konsum seit 2007 rückläufig. Doch unsere Adipositasquote bleibt unverändert. In den Vereinigten Staaten und in Kanada ist Glukosesirup allgegenwärtig, doch in der Europäischen Union und in Japan wird er seltener verwendet. Der Rest der Welt verwendet Saccharose. Australien und alle Pazifikanrainer beispielsweise nutzen nur Saccharose, weisen aber in Relation kaum weniger Fälle von Adipositas und metabolischem Syndrom auf. Wissenschaftliche Studien über akute Sättigung versus Energiezufuhr und über Stoffwechselveränderungen stützen die Annahme, dass Glukosesirup sich technisch nicht von Saccharose unterscheidet – auch wenn Glukosesirup zu einem höheren Fruktosespiegel im Blut führt, der negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben könnte.

Das hat zu einer lautstarken Kampagne der Mais-Raffinerie-Vereinigung geführt, die in ihrer Werbung nun argumentiert, dass es sich bei Glukosesirup um ein natürliches Produkt und ein gutes Süßungsmittel handle. Aus biochemischer Sicht ähnelt Glukosesirup der »natürlichen« Saccharose (die aus Glukose und Fruktose besteht); er durchläuft allerdings einen enzymatischen Prozess, sodass ungefähr die Hälfte der Glukose zu Fruktose wird, damit er süßer schmeckt. Die Frage ist nicht, ob Glukosesirup schlechter oder besser ist als Zucker; die Frage ist, ob Zucker (in irgendeiner seiner Varianten) giftig ist!

Gesundheitsbewusste Menschen ziehen Saft möglicherweise Limonade vor. Wer es sich leisten kann, wird einen stark zuckerhaltigen Soft Drink zugunsten eines reinen Fruchtsaftes stehen lassen, zumal wenn dieser aus Bioproduktion stammt. Die Saftproduzenten werben mit gesundheitlichen Vorzügen und behaupten, dass die Säfte wirklich gut für Sie sind, da sie keinen Zuckerzusatz enthalten. Falsch. Die Frucht selbst ist gut für Sie, da sie auch Ballaststoffe enthält. In der Tat ist reiner Orangensaft Kalorie für Kalorie schlechter für Sie als Limo, da 30 Milliliter Orangensaft 1,8 Gramm Fruktose enthalten, während es dieselbe Menge Limo auf 1,7 Gramm bringt. Alle kalorienhaltigen Süßungsmittel enthalten Fruktose: weißer Zucker, Rohrzucker, Zuckerrübensirup, Fruchtzucker, brauner Zucker und der preiswertere Verwandte Glukosesirup. Hinzu kommen Honig, Ahornsirup und Agavendicksaft. Es ist alles dasselbe. Die Gestalt ist egal – es kommt auf den Inhalt an. Fazit: Der Zuckerkonsum ist ein Problem. 33 Prozent des Zuckerkonsums entfallen auf Getränke, und der größte Missbrauch geschieht bei den Armen und Unterprivilegierten.

Alle Kohlenhydrate sind gleich – oder?

Kohlenhydrate sind unterschiedlich aufgebaut. Ebenso wie es verschiedene Formen von Fett gibt, existieren auch bei den Kohlenhydraten Abstufungen im Hinblick auf Ihren Stoffwechsel. Um das zu zeigen, schildere ich Ihnen nachfolgend die Verstoffwechselung von drei verschiedenen Kohlenhydraten mit demselben Kaloriengehalt (120 kcal): Glukose, Ethanol (Alkohol) und Fruktose.

Glukose

Obwohl sie zum Überleben absolut unerlässlich ist, ist die in der Nahrung vorkommende Glukose nicht perfekt. Wenn sie in der Natur »pur« (nicht in Kombination mit Fruktose) vorkommt, wird sie als »Stärke »bezeichnet – Stärke besteht nur aus Glukosemolekülen. Sie liefert wirklich »leere Kalorien« – Energie zum Speichern oder Verbrennen. Die Anhänger der Atkins-Diät, der Paläo- und der kalorienreduzierten Ernährung werden Ihnen alle erzählen, dass das Glukosemolekül aus Stoffwechselsicht einige Nachteile hat, die alle im Laufe der Zeit Schaden anrichten und die Beschränkung des Konsums erforderlich machen. Um das zu demonstrieren, essen wir 120 kcal aus Glukose beziehungsweise Stärke (z. B. eine halbe Tasse gekochten weißen Reis). 20 Prozent (also 24 kcal) gelangen in die Leber, während der Rest von anderen Organen des Körpers verstoffwechselt wird. Es passiert Folgendes:

  • Die Verstoffwechselung von Glukose ist insulinabhängig. Der Verzehr von Glukose lässt den Glukosespiegel im Blut ansteigen und regt die Insulinausschüttung an. Dadurch wird die Energieeinlagerung in Fettzellen gefördert, was zu einer Gewichtszunahme führt.
  • Der allergrößte Teil der Glukose in der Leber wird in Glykogen (Leberstärke) umgewandelt, das der Leberzelle nicht schadet. Auch hält das die Leber davon ab, Glukose in den Blutkreislauf abzugeben, sodass Diabetes vorgebeugt wird.
  • Eine kleine Menge der Glukose wird von Lebermitochondrien in Energie umgewandelt.
  • Etwaige überschüssige Glukose in der Leber, die weder zu Glykogen umgewandelt noch in den Mitochondrien zu Energie verstoffwechselt wird, wird stattdessen zu Triglyzeriden umgebaut. Ein hoher Triglyzeridspiegel im Blut kann die Entwicklung von Herz-Kreislauf- Erkrankungen unterstützen.
  • Glukose kann sich in der Zelle an Proteine binden, was zwei Probleme verursacht:
  • Wenn Glukose sich an Proteine überall im Körper bindet, werden diese Proteine weniger flexibel. Das trägt zum Alterungsprozess bei und verursacht Funktionsstörungen der Organe.
  • Immer wenn ein Glukosemolekül sich an ein Protein bindet, setzt es reaktive Sauerstoffspezies (Reactive Oxygen Species, ROS) frei. Das kann zu Gewebeschäden führen, wenn diese nicht sofort von einem Antioxidans im Peroxisom unschädlich gemacht werden.

Wie bei allem gilt auch hier: Ein Übermaß an Glukose kann Ihnen schaden – insbesondere wenn die Ballaststoffe fehlen, welche die Insulinausschüttung bremsen. Allerdings müssten Sie über eine lange Zeit hinweg eine ganze Menge Glukose zu sich nehmen, damit sie diese schädlichen Auswirkungen hat. Im Allgemeinen führen große Mengen Glukose (Stärke wie in Nudeln, Weißbrot, Reis usw.) zu einer Gewichtszunahme, machen Sie aber nicht krank. Wenn Sie jedoch im Laufe der Zeit durch Glukose zu viele Pfunde zulegen, wird das auf diese Weise entstehende Bauchfett seinen Tribut fordern und sich negativ auf Ihre Gesundheit auswirken. Doch wenn Sie dieselbe Kalorienmenge aus Ethanol oder Fruktose zu sich nehmen, versetzen Sie Ihrer Leber einen deutlich schwereren Hieb (eher wie eine Handgranate) – und das macht sich wesentlich schneller bemerkbar.

Ethanol (Alkohol)

Ethanol kommt in der Natur vor, es ist ein Nebenprodukt der Verstoffwechselung von Kohlenhydraten, Fermentierung genannt. Nach der Aufnahme von 120 kcal aus Ethanol (z. B. 44 Milliliter eines Alkohols mit 80 Volumenprozent) werden 10 Prozent in Magen und Darm verstoffwechselt (12 kcal) – das ist der sogenannte First-Pass-Effekt; weitere 10 Prozent werden im Gehirn und in anderen Organen umgewandelt. Die Metabolisierung im Gehirn führt zur berauschenden Wirkung des Alkohols. Ungefähr 96 kcal erreichen die Leber – viermal mehr als bei der Glukose. Und das ist wichtig, denn die schädlichen Effekte sind von der Dosis abhängig.

  • Nachdem Ethanol in großen Mengen in die Leber gelangt ist, kann es die Bildung von ROS fördern und damit die Zellen schädigen.
  • Im Gegensatz zur Glukose, die zu Glykogen verstoffwechselt wird, gelangt Ethanol direkt in die Mitochondrien.
  • Ein etwaiger Überschuss wird durch einen Vorgang, der als Fettsäuresynthese (Lipogenese) bezeichnet wird, in Fett verwandelt. Die Fettbildung kann zu einer Leber-Insulinresistenz und zu Entzündungen führen.
  • Mit der Zeit kann sich daraus ein Alkohollebersyndrom entwickeln. Dies führt mit Sicherheit allmählich zum Tod (oder bestenfalls zu einer Lebertransplantation).
  • Alternativ kann das Fett auch die Leber verlassen und sich in Skelettmuskeln absetzen, wo es ebenfalls Insulinresistenz und Herzerkrankungen auslösen kann.
  • Schließlich verstärkt Ethanol auch noch den Alkoholkonsum, indem es auf das Belohnungssystem des Gehirns einwirkt. Wenn dieses außer Kontrolle gerät, kommt es zur Sucht.
  • Bei derselben Kalorienmenge ist die Wahrscheinlichkeit bei Ethanol größer als bei Glukose, chronische Krankheiten zu verursachen.

Fruktose

 

Fruktose kommt in der Natur niemals isoliert vor. Sie tritt immer in Kombination mit ihrem harmloseren Schwestermolekül Glukose auf. Beide haben dieselbe chemische Zusammensetzung (C6H12O6), sind aber dennoch sehr unterschiedlich. Fruktose hat viel schlimmere Auswirkungen.

Beginnen wir mit der Maillard-Reaktion, einer nichtenzymatischen Bräunungsreaktion. Das ist derselbe Vorgang, der das Hämoglobin in Ihren roten Blutkörperchen in Hämoglobin A1c (HbA1c) verwandelt – also der Labortest, den Ärzte durchführen, um festzustellen, wie sehr der Blutzuckerspiegel eines Diabetikers im Laufe der Zeit gestiegen ist. Das Endprodukt ist braun. Das ist der Grund dafür, dass Bananen mit der Zeit braun werden und der marinierte Schweinebraten braun wird, wenn er Hitze ausgesetzt wird. Sie können Ihr Fleisch also bei 190 °C eine Stunde braten oder bei 37 °C 75 Jahre: Das Ergebnis ist dasselbe. Fruktose lässt die Maillard-Reaktion siebenmal schneller ablaufen als Glukose. Dieser scheinbar kleine Unterschied kann dazu führen, dass jede Zelle des Körpers schneller altert, sodass verschiedene degenerative Veränderungen wie körperlicher Abbau, Krebs und geistiger Verfall beschleunigt werden.

Es gibt inzwischen Dutzende Studien, die Fruktose als Hauptfaktor bei der Entstehung des metabolischen Syndroms betrachten. Tatsächlich wird sie sehr ähnlich wie Ethanol verstoffwechselt. Nehmen wir also 120 kcal aus Saccharose zu uns (60 kcal aus Glukose und 60 aus Fruktose) – zum Beispiel ein Glas mit 230 Millilitern Orangensaft. (Wie bereits erwähnt: Saft ist genauso schlecht wie Limo, wenn nicht noch schlechter.) Bei den 60 kcal aus Glukose kommt es zur bekannten 20-80-Aufteilung, sodass 12 Glukosekalorien in die Leber gelangen. Doch im Gegensatz zur Glukose, die von allen Organen verstoffwechselt werden kann, findet die Fruktosemetabolisierung hauptsächlich in der Leber statt (obwohl die Niere in seltenen Fällen auch die Fähigkeit hat, ein paar Kalorien zu verstoffwechseln). Mehr oder weniger die gesamten 60 Fruktosekalorien enden in der Leber. Also erhält die Leber insgesamt eine 72-Kalorien-Dosis, dreimal so viel wie bei reiner Glukose. Die besondere Verstoffwechselung der Fruktose kann jedes Phänomen hervorrufen, das mit dem metabolischen Syndrom einhergeht:

  • Die dreifache Dosis bedeutet, dass die Leber im Vergleich zur reinen Glukosemenge die dreifache Energie benötigt, um diese Kombination umzuwandeln. Dabei wird der Leberzelle Adenosintriphosphat (ATP, der universelle Energieträger der Zelle) entzogen. Dieser Abbau führt zur Entstehung des Abfallprodukts Harnsäure, welche Gicht verursacht und den Blutdruck ansteigen lässt.
  • Fruktose wird nicht zu Glykogen umgewandelt, sondern gelangt direkt in die Mitochondrien. Es wird ein Übermaß an Acetyl-CoA gebildet, sodass die Metabolisierungsfähigkeit der Mitochondrien überschritten wird.
  • Das überschüssige Acetyl-CoA verlässt die Mitochondrien und wird in Fett umgewandelt,9 das Herzkrankheiten begünstigt.
  • Fruktose aktiviert ein Leberenzym, welches das Bindeglied zwischen Leberstoffwechsel und Entzündungsreaktion darstellt. Es macht einen entscheidenden Botenstoff der Insulinreaktion unwirksam und führt so zu einer Insulinresistenz der Leber.
  • Die fehlende Insulinwirkung in der Leber bedeutet, dass es keine Methode gibt, den Glukosespiegel zu senken. Also steigt der Blutzuckerwert an, was schließlich zu Diabetes führen kann.
  • Die Insulinresistenz der Leber bedeutet, dass die Bauchspeicheldrüse zusätzliches Insulin ausschütten muss, wodurch mehr Energie in die Fettzellen gelangen kann – und das löst wiederum Adipositas aus. Die Fettzellen, die am stärksten aufgefüllt werden, befinden sich im Bauchfett, sind also die schlechten: diejenigen, die mit Stoffwechselkrankheiten in Zusammenhang stehen.
  • Der hohe Insulinspiegel kann auch das Wachstum bestimmter Krebsgeschwüre befördern.
  • Außerdem blockiert der hohe Insulinwert die Leptin-Signalübertragung und signalisiert dem Hypothalamus fälschlicherweise »Hunger«. Deshalb essen Sie mehr.
  • Fruktose kann auch zu einem Zusammenbruch der natürlichen Darmbarriere beitragen. Normalerweise hindert der Darm Bakterien daran, in den Blutkreislauf zu gelangen. Die Schädigung des Darms kann dazu führen, dass die Darmwände undicht werden. Daraus kann sich eine krankhaft durchlässige Darmwand (Leaky-Gut-Syndrom) entwickeln, was wiederum anfälliger für Entzündungen machen und die ROS-Produktion verstärken kann. Das verschlimmert die Insulinresistenz und treibt den Insulinspiegel noch weiter in die Höhe.
  • Fruktose durchläuft die Maillard-Reaktion siebenmal schneller als Glukose, wodurch es zu einer direkten Schädigung der Zellen kommen kann. Obwohl die Experimente noch nicht weit fortgeschritten sind, lassen erste Ergebnisse vermuten, dass Fruktose in einer entsprechenden Umgebung die Alterung und die Entwicklung von Krebs beschleunigen kann.
  • Die Daten über Fruktose und Demenz beim Menschen sind derzeit indirekt – klar ist bislang lediglich, dass beides in Wechselbeziehung zueinander steht. Doch die Daten über Insulinresistenz und Demenz zeigen eine eindeutige Kausalität. In den USA sind Afroamerikaner und Latinos die größten Fruktosekonsumenten und weisen den größten Taillenumfang auf (ein Hinweis auf Insulinresistenz). Zugleich haben sie auch das höchste Risiko, an Demenz zu erkranken.