Bei Epilepsie ist ein Zustand ernährungsbedingter Ketose eine wirksame Behandlung der Anfälle, während gleichzeitig die Nebenwirkungen von Antiepileptika vermieden werden, die das gleiche Ergebnis erreichen sollen. Interessanterweise ist Valproinsäure (ein Medikament, das bei der Behandlung von Epilepsie und verschiedenen affektiven Störungen verwendet wird) ein Hemmstoff von Histon-Deacetylase – ebenso wie das Keton β-Hydroxybutyrat. Hemmstoffe von Histon-Deacetylasen werden gerade wegen ihrer antikanzerogenen und alterungshemmenden Eigenschaften untersucht. Das könnte auf einen effektiven Mechanismus der anfallshemmenden Eigenschaften von β-Hydroxybutyrat hinweisen. Fangen wir mit dem ältesten therapeutischen Einsatz der ketogenen Ernährung an. Die Bibel beschreibt Fasten – was, wie wir bemerkt haben, die Ketonkörperproduktion veranlasst – als Behandlung gegen »Anfälle«. Ärzte des Altertums der westlichen Welt rieten Patienten mit wiederkehrenden Anfällen dazu, keine Kohlenhydrate (Zucker und Stärke) zu essen, da sie bemerkten, dass dies ebenso gut funktionierte, wie gar nichts zu essen. Heute wissen wir, dass »nichts essen«und »keine Kohlenhydrate essen« hinter den Kulissen das Gleiche ist; beides führt dazu, dass der Körper Fett als Treibstoff verwendet. Natürlich ist es langfristig der gesündere Weg, mäßig Eiweiß und viel Fett zu essen, um die Fettverbrennung aufrechtzuerhalten. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die kohlenhydratarme, ketogene Ernährung als Behandlung gegen Epilepsie wiederentdeckt. In vielen Fällen beseitigte diese Art zu essen die Anfälle des Patienten vollständig. Der Endokrinologe H. Rawle Geyelin wendete diesen Ansatz bei mehreren Epilepsiepatienten an und stellte seine vielversprechenden Erkenntnisse 1921 auf der Versammlung der American Medical Association vor. Schließlich entwickelte er den kohlenhydratarmen, fettreichen, ketogenen Ernährungsansatz zur Behandlung von Epilepsie, der bis Anfang der 1940er Jahre als Maßnahme der Wahl zur Beeinflussung epileptischer Anfälle angewendet wurde. Als verschreibungspflichtige Medikamente gegen Epilepsie entwickelt wurden, ging das Vertrauen in diesen natürlichen Ernährungsansatz langsam zurück. Über 90 Jahre Erfahrung und eine Vielzahl klinischer Versuche zeigen die Vorteile der ketogenen Ernährung für Kinder mit medikamentenresistenter Epilepsie. Bei etwa einem Viertel dieser Kinder hören die Anfälle vollständig auf, und bei einem weiteren Drittel verringert sich die Zahl der Anfälle erheblich. In jüngster Zeit haben auch einige Erwachsene mit Epilepsie davon profitiert. Als neue Medikamente zur Behandlung von Anfällen entwickelt wurden, wurde die Ketogene Diät (großgeschrieben, um sie als offizielle medizinische Behandlung gegen Epilepsie zu kennzeichnen) immer unbeliebter. Aber es gab einige wenige medizinische Zentren, die diesen Ansatz weiterhin anwendeten, weil er so gut funktionierte. 1997 erlebte die Ketogene Diät dann durch den für das Fernsehen produzierten Film „Solange es noch Hoffnung gibt“ mit Meryl Streep eine gewaltige Bekanntheitssteigerung. Geschrieben wurde der Film von Jim Abrahams, Mitbegründerder Interessengruppe The Charlie Foundation for Ketogenic Therapies, der auch Regie führte. Er erzählt von einer Mutter, deren Sohn an Epilepsie leidet, und ihrer Enttäuschung über den medizinischen Berufsstand, der sich weigert, sie über die Ketogene Diät als Alternativtherapie zu informieren. Der Film sorgte für noch mehr Forschung über die Anwendung einer ketogenen Ernährung zur Behandlung von Epilepsie. Zu den Studien, die zu dieser Ernährungstherapie durchgeführt wurden, gehören inzwischen auch mehrere klinische Serien und randomisierte, kontrollierte Studien, die deutlich zeigen, dass sie für einige – aber nicht für alle – Menschen mit Epilepsie funktioniert. In aller Welt gibt es Behandlungszentren, die Patienten mit Epilepsie die Ketogene Diät als Therapie anbieten. Die Wirksamkeit der Ketose bei der Verringerung der Anfallshäufigkeitbei Epilepsiepatienten ist seit 1928 in der medizinischen Literatur beschrieben. Interessanterweise gab es zwischen den Forschern, die die Auswirkungen kohlenhydratarmer, ketogener Ernährung auf Gewicht und allgemeine Gesundheituntersuchten, und denen, die die Ketogene Diät als Behandlung gegen Epilepsieuntersuchten, sehr wenig Austausch. Wirksame Strategien für die Steigerung der Ketonkörperproduktion könnten jedoch aus der traditionellen Lehre der Ketogenen Diät kommen, die ein Verhältnis von Fett zu Eiweiß und Kohlenhydraten von 4:1 vorsieht. Zunächst wird der Eiweißbedarf bestimmt: 1 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Dann werden 10 bis 15 Gramm Kohlenhydrate hinzugefügt. Der Rest der Diät setzt sich aus Fett zusammen. Wiegt ein Kind also 20 Kilogramm, liegt die tägliche Eiweißzufuhr bei 20 Gramm und die Kohlenhydratzufuhr bei 10 Gramm, das ergibt zusammen 30 Gramm, die kein Fett sind. Da das Verhältnis von Fett zu Eiweiß und Kohlenhydraten bei vier liegt, wird anschließend die 30 mit 4 multipliziert, und man erhält 120 Gramm Fett pro Tag als Ergebnis. In der historischen Anwendung der ketogenen Ernährung wurde also entdeckt, dass die Ketonwerte durch wenig Kohlenhydrate und Eiweiß optimiert werdenkönnen. Die Wirksamkeit dieser Ernährungstherapie bei Epilepsie hat dazu geführt, dass Forscher und Krankenhausärzte die Ketogene Diät auch bei anderen medizinischen Problemen ausprobieren, bei denen Menschen nicht gut auf die herkömmliche medikamentöse Therapie ansprechen.